Der Kurs des Schweizer Franken wird derzeit in Linz ganz genau beobachtet. Kein Wunder. Für Linz geht es dabei um Millionen. Kostet ein Euro (wie derzeit) 1,1 Franken, so muss die Stadt Mitte Oktober 35,3 Millionen Euro an die BAWAG bezahlen. Fällt der Euro gegenüber dem Franken um nur ein Zehntel, also auf einen Tauschkurs 1:1 so müsste die Stadt im Oktober 52,5 Millionen Euro an die Bawag überweisen. Also um 17,2 Millionen mehr als bei einem Kurs 1:1,1.
Grund dafür ist eine Wette, die die Finanzverwaltung der Stadt 2007 mit der BAWAG eingegangen ist. Damals hatte die Stadt einen Mitte 1992 aufgenommenen Franken-Kredit ausständig. Die Höhe des jährlich anfallenden Zinsendiens-tes hing auch vom Wechselkurs Euro zu Franken ab. Dieser Zinsendienst bildete nun die Grundlage der Wette. Kostet ein Euro mehr als 1,54 Franken so bezahlt die BAWAG die Zinsen der Stadt, und wenn der Franken noch weiter fällt, be-kommt die Stadt sogar noch was drauf. Steigt der Franken aber gegenüber dem Euro, so muss die Stadt der BAWAG Geld geben. Cooler Deal, dachte sich die Stadt wohl, hat sie doch angenommen, dass der Franken nie wieder so hoch steigen wird, wie nach den Anschlägen auf das World Trade Center 2001. Damals flüchtete viel Kapital in die Schweizer Währung und der Euro kostete 1,446 Franken. Bis 2008 ging das Ganze auch gut und die Stadt war Gewinnerin des Deals. Als sich 2008 abzeichnete, dass die Sache für die Stadt schief laufen könnte, machte die BAWAG der Stadt mehrere Angebote, sich aus der Wette heraus zu kaufen. Finanzstadtrat Johann Mayr, ganz cooler Zocker, wies all diese Angebote als zu teuer zurück. Seit 2010 gehen die Zahlungen der Stadt an die BAWAG in die Millionen und der vorherige Gewinn ist längst aufgebracht. Die Prognosen für die Stadt stehen nicht zum Besten, denn jetzt wehrt sich die BAWAG gegen einen vorzeitigen Ausstieg aus dem bis 2017 abgeschlossenen Geschäft. Nun fiebert die Stadt jedem 13. Oktober und 13. April entgegen. Denn zum aktuellen Kurs an diesen Tagen (15.00 Uhr) richtet sich die Höhe der Zahlung, die die Stadt zu leisten hat. Und der jeweilige Betrag ist zwei Tage später auch schon fällig.
Die Stadt versucht nun, durch juristische Mittel aus der Wette heraus zu kommen, behauptet gar, dass die Wette gar nicht gilt, weil Finanzamtsdirektor Werner Penn, der sie via E-Mail eingegangen ist, zu so einem Geschäft gar nicht befugt war. Das ist natürlich ein schwaches Argument, wenn man zuerst selbst kassiert und dann, wenn man selbst zur Kasse gebeten wird sagt, dass der, der den Handschlag gegeben hat, das gar nicht hätte machen dürfen.
Abgesehen von diesem etwas windschief wirkenden Argument gibt es aber tat-sächlich eine auffallende Schräglage. Während nämlich der potenzielle Wettver-lust der BAWAG mit 15 Millionen pro Halbjahr gedeckelt ist, sind die möglichen Verluste der Stadt quasi unbegrenzt. So könnte – falls der Euro unter den Franken fällt und zum Beispiel ein Euro 0,8 Franken kostet – eine halbjährliche Zahlung von 112,9 Millionen Euro ins Haus stehen. Und das auf Grundlage eines Kredites über 195 Millionen. Zudem ist bis heute nicht bekannt, wer eigentlich der wirkliche Wettgegner der Stadt ist. Denn die BAWAG hat diese Wette nur vermittelt (europaweit gibt es angeblich nur 4 Anbieter dieses »Produktes«.)
Bei aller Undurchsichtigkeit ist doch klar zu erkennen, dass die Wettspiele des Finanzsektors sich immer wieder als skrupellose Machenschaften entpuppen. Hier wird die Gier, die Geltungssucht oder vielleicht auch nur der gute Wille der handelnden Personen ausgenutzt, um sie in Geschäfte zu verstricken, die bewusst so gestaltet sind, dass sie undurchschaubar sind. In anderen Zusammenhängen würde man das als »kriminelle Energie« bezeichnen. Im Finanzsektor gilt es als besonderes Geschick der Finanzjongleure.
Zum Abschluss noch ein praktischer Rat: Ich mit meinem kleinen Hausverstand würde einfach den der Wette zugrundeliegenden Kredit von 195 Millionen zurück zahlen und damit diesem windigen Geschäft die Basis entziehen.
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