Wahlen zu kommentieren ist wie einen Witz erklären – wenn selbiger auch noch ein schlechter ist, hilft allein Polemik. Auch wenn es preaching to the choir ist und Fakten gegen Irrsinn nichts ausrichten, hegen wir dennoch die Hoffnung, dass die hier versammelten Texte unserer erlesenen Autorinnen und Autoren ein kleine Vademecum gegen den grassierenden morbus volk bieten.
Kirchstettens arischer Darling Josef Weinheber ist der braune Faden von Erich Riess kleiner Reisegeschichte, in der auch die aktuellen Reaktionen der dortigen Gemeindeverwaltung auf Marika Schmiedts Ansinnen, an die ermordeten Roma und Sinti des Ortes zu erinnern, Thema sind. Thomas Rammerstorfer nimmt das treudeutsch denkende »Soziale Heimatpartei«-Personal des aktuell im Land regierenden Männerbundes samt dessen Verflechtungen unter die Lupe, während Rainer Krispel das »Hoamatland« punktgenau dort verortet, where the sun don‘t shine.
Düster ist auch das Thema Flüchtlingspolitik: Nach der Lektüre von Felix Riedels Text stellt sich das europäische Geplärre um Obergrenzen für Flüchtlinge noch jämmerlicher dar.
Inflationsheilige sind auch im Angebot: Im ersten Teil seiner epischen Abwicklung des Waldviertler Schuh-Guru Heinrich »Heini« Staudinger klärt Clemens Nachtmann, warum es sinnvoll ist, dessen »Weltanschauung« exemplarisch an ihm zu kritisieren und worin diese besteht. Franz Primetzhofer ist in die Abgründe der spiritistischen Veranstaltung abgetaucht, die »Geld« genannt wird und traf am Grund den Gemeinwohlkapitalisten Christian Felber, der dort schon einmal in Richtung »(Sub)Terra-Union« vorfühlt.
Dass verkürzte Kapitalismuskritik und Antisemitismus nicht wahl- sondern wesensverwandt sind, sollte kein Geheimnis darstellen. Auch Heidegger war nicht auch Antisemit, sondern durch und durch und Gerhard Scheit zeigt, wie er diesen in Reinform verkörperte, ohne im strengen Sinn Rassist zu sein. Die Nazis dürfte der Freiburger »Denkwebel« (Jelinek) jedenfalls nicht deshalb als »inkonsequent« abgelehnt haben, weil sie ihre Volkskörper mit Aufputschmitteln gepimpt haben – Magnus Klaue konnte Norman Ohlers Studie über Drogen im »dritten Reich« zumindest bedingt Erhellendes über die »Krauts on Speed« abgewinnen. Während sich manche in die MDMA-Gefühlsblase begeben, blubbern so gut wie alle in ihrem filterbubble-induced Online-Solipsismus herum. Svenna Triebler hat sich für einen Moment aus ihrer Google-Galaxis gekämpft, um uns eine kleine Außenperspektive auf personalisierte Suchergebnisse zu ermöglichen. In Dreiecke aufgelöst wird die Blase zur geodätischen Kuppel, für deren architektonische Verwendung Richard Buckminster Fuller bekannt wurde – mit dessen »World Game« hat sich Oliver Schürer beschäftigt.
Paulette Gensler hat die Debatte um »Transfacing« zum Anlass genommen, um über Authentizität als »das gelungene Spiel des erzwungenen Lügens« (Bernd Stegemann) nachzudenken.
Berthold Seliger kommt im zweiten Teil seiner Momentaufnahmen im Verhältnis von Folk, Song und Politik auf die aktuelle Entpolitisierung der Musik zu sprechen. Diese kann der im frühen britischen Punk angesiedelten Band »The Slits« nicht unbedingt vorgeworfen werden – Ana Threat hat die eben erschienene Autobiographie ihrer Gitarristin Viv Albertine gelesen und ist vom Buch durchaus angetan. In Armin Medoschs drittem Teil von Mythos Kunst geht es schließlich um die konstruktiven Neo-Avantgarden. Franz Xaver schließt mit Neuem aus dem Informationslaboratorium der Stadtwerkstatt ab.

Eine gute Nachricht noch zum Schluss:
Ein Vollpfosten allein macht noch keine Tür mit Seitenteilen.

Und auch eine Schlechte:
Das Land ist voll davon.

Das meint im Ernst
Die Redaktion