Das vorliegende Buch stellt die erste Publikation des neu gegründeten Autor*innenkollektivs Feministische Interventionen (AK Fe.In) dar. Die Autorinnen* Eike Sanders, Anna O. Berg und Judith Goetz arbeiten zwischen Aktivismus, Wissenschaft und feministischen und antifaschistischen Themen bzw. publizieren sie unter anderem auch im Kontext des Forschungsnetzwerkes »Frauen und Rechtsextremismus«.
Gleich zu Beginn stellen sie klar, was eigentlich alle wissen sollten: »Feminismus ist eine sehr gute Sache.« (AK Fe.In 2019: 9) Traurig, dass das überhaupt noch erklärt werden muss. Aber notwendig, angesichts der Antifeminist*innen, die einer* das Leben schwermachen möchten.
Es folgt eine begriffliche Klärung des Antifeminismus. Dieser wird als Ideologie verstanden, die darin besteht, die herrschende, patriarchale Gesellschaftsordnung inklusive weißer Privilegien aufrecht zu erhalten. »Der aktuelle Antifeminismus geht zunächst einmal davon aus, dass Gleichberechtigung faktisch erreicht sei«, (ebd. 24) und dass die Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung schlichtweg zu weit gehen würden. Quotenregelungen sind, ebenso wie die Gender Studies, für Antifeminist*innen selbstredend unnütz, strukturelle Diskriminierungen werden geleugnet. Sowohl die Kritik an heteronormativen Lebens- und Begehrensformen als auch die Infragestellung der binären Geschlechterordnung zieht den Hass der Antifeminist*innen auf sich.
In anschaulicher Fäkalsprache wird uns vom AK Fe.in der Begriff der Toxischen Männlichkeit erklärt, wobei diverse Beschreibungen treffend und unterhaltsam formuliert sind. Dennoch kann Leser*innen angesichts des Umstandes, dass die »Macker-Internationale« (ebd.: 36) weltweit aktiv ist, schon mal das Lachen im Hals stecken bleiben.
Gekonnt stellen Berg, Goetz und Sanders Zusammenhänge zwischen Abtreibungsgegner*innen, Frauenhausgegner*innen, Väterrechtler*innen, Homophoben, Neonazis und sonstigen Arschlöchern her und zeigen, dass es dabei große personelle Überschneidungen gibt. Richtig zum Kotzen wird es dann beim Lesen des dritten Kapitels, das thematisiert, welch tödliche Ausmaße giftig gewordene Männlichkeit annehmen kann. Phänomene wie Pick up Artists, Incels (Involuntary Celibates) und Hate Crimes werden ebenso analysiert wie der extremste Auswuchs toxischer Männlichkeit, der antifeministische Terrorismus. Bei vielen Attentaten der letzten zehn Jahre erhielt das antifeministische Ausmaß des Handelns der Täter bislang nur unzureichend Aufmerksamkeit, weshalb die Analyse der Intersektion von Antifeminismus und Rassismus sowie Antisemitismus, welche das Autorinnen*kollektiv hier liefert, besonders wichtig ist.
Einer Ethnisierung von Gewalt wird, wie schon der Buchtitel verspricht, gleich von vorneherein eine Schranke gesetzt: »Der ‚Kulturkreis‘ der toxischen Männlichkeit ist weltumspannend, transnational und transreligiös und umfasst Männer aus christlich-fundamentalistischen Kreisen in den USA genauso wie Taliban oder weiße deutsche Atheisten aus Berlin und Göttingen, die finden, ohne sie drehe sich die Welt nicht weiter. Die Macker-Internationale ist vermutlich das umfassendste und allgemeingültigste kulturelle Gebilde, das wir kennen.« (Ebd.: 36) Dies im Kopf zu behalten ist wichtig angesichts der Mythen, die Rechtsextreme rund um Gewalt gegen Frauen* konstruieren. Die Kölner Silvesternacht 2015/2016 stellt dabei laut AK Fe.In aber nicht den Anfang, sondern lediglich die Kontinuität bereits zuvor da gewesener Narrative rund um gewalttätige nicht-weiße Männer, die weiße Frauen* bedrohen, dar. Das Bild der »weißen Frau als Opfer« (ebd.: 169) dient FPÖ und AfD zur »Politisierung und Mobilisierung der Mehrheitsgesellschaft.« (Ebd.) Fe.In dekonstruieren diese Narrative durch historische Kontextualisierung und erinnern an die Tatsache, dass das familiäre Umfeld für Mädchen* und Frauen* zumeist die größte Gefahr darstellt. Treffend stellen sie zu den imaginierten Gefahren, mit denen weiblich* sozialisierte Menschen aufwachsen, fest: »Sie [unsere Mütter] warnten also vor ,dem fremden Onkel‘, der eine*n mit einem Bonbon in das Auto locken will und nicht vor Onkel Bernd, der statistisch gesehen vermutlich eine höhere Bedrohung darstellt.« (Ebd.: 173) Gewarnt werden wir weiters nicht vor Dummheiten wie dem Irrglauben, Emanzipation sei schlecht für Frauen*. Genau das versuchen Antifeminist*innen uns einzureden. Sie meinen, »[es] wird als befreiend empfunden, sich nicht emanzipieren zu müssen […], sondern sich klare Ordnungsmuster zurückwünschen zu dürfen« (ebd.: 183). Dass genau diese nicht zu einem besseren Leben für alle geführt haben, sollte sich mittlerweile allerdings zu Menschen aller Geschlechter durchgesprochen haben.
Rechtsextremismus ist nicht nur für Personen männlichen* Geschlechts attraktiv. Rechte Frauen* werden seit jeher unterschätzt, sowohl in Bezug auf ihr Gewaltpotential als auch auf ihre Rolle für rechte Gruppen. (Ebd.: 137 ff.) »Der Kampf um rassistische ,Frauenrechte‘ vereint Männer* und Frauen* unter dem gemeinsamen Ziel, die binäre Ordnung und die eigenen Privilegien aufrecht zu erhalten, und projiziert die Bedrohung dieser nach außen: auf den ,Anderen‘ als Täter und auf ,den Feminismus‘ als zentrales Gesellschaftsproblem.« (Ebd.: 185) Fe.Ins Kritik trifft aber auch »linke Macker« (ebd.), die die Rolle rechter Frauen* oft nicht ernst genommen und sich darauf beschränkt haben, die Unterstützung rechter Frauen durch rechte Männer lächerlich zu machen.
Ein feines Buch, das nicht ungelesen im Bücherregal rumstehen sollte. Wem danach noch erklärt werden muss, warum Feminismus gut und notwendig ist, ist endgültig verloren. Bleibt nur zu hoffen, dass jene, denen die Privilegien »noch vor der Geburt zwischen die Beine gehängt« wurden (S. 28) und die nichts tun, damit auch Andere ein schönes Leben haben, sich an jener Stelle kräftig getreten fühlen.