Zum zweiten Mal fand am 19. Mai die neue Musikreihe der Stadtwerkstatt »The Empress Club« statt. Konzept dieser Musikschiene ist es, die Präsenz von Künstlerinnen on stage zu forcieren und lokalen wie internationalen Musikerinnen eine Plattform zu bieten, um kreative Netzwerke zu stärken und vor allem auch um jungen Künstlerinnen als Inspirationsquelle zu dienen. Musikalisch bewegt sich »The Empress Club« im Bereich von Bass Culture & Genres wie Hip Hop, Grime, Jazz, Soul, Performance-Poetry und so weiter.
Die beiden Kuratorinnen Sandra Krampelhuber und Oona Valarie baten die in London lebende Rapperin und Spokenword-Künstlerin LyricL vor ihrem Konzert in der Stadtwerkstatt zum Interview.
Wann hast du angefangen Musik zu machen und dich für Hip Hop zu interessieren?
Mit 13 Jahren gewann ich einen Schulwettbewerb und musste vor meiner gesamten Schule, am Jahresende, etwas aufführen – mein Einstieg in die Musik und das Schreiben. Ich performte am College und ging zu Konzerten. Ich war groß, deshalb wirkte ich älter und konnte mich hinein schmuggeln. Dort traf ich Wyclef und die Fugees. Nach ihrer Show hörten sie mich in einem gemeinsamen »Freestyle Cypher« reimen und luden mich ein, ihr UK-Support zu werden und mit ihnen nach New York zu reisen...
Ich musste ablehnen, da ich zu jung war und meine Familie nicht zugestimmt hätte - zumindest dachte ich das! So ist das Leben...
Ich mag es, wenn durch Musik und Spokenword Geschichten, gefühlvolle Stücke kreiert werden, die die Gedanken erregen und Bilder erzeugen.
Ich machte bei vielen Wettbewerben und »Emcee-Battles« mit, auch über die Grenzen Londons hinaus. Ich repräsentierte meine Universität auf dem »All Uni African-Carribbean Festival (ACFEST)«... Traf zahlreiche Produzent_innen und Künstler_innen und das führte dann zu meinem ersten Release.
Woher kommen deine Kreativität und deine Inspirationsquellen?
Mein Vater war Instrumentalist, Beatboxer/Drummer und spielte immer Musik zu Hause. Ich verstand erst später, dass er DJ für Enugu Radio in Nigeria war. Vorher wusste ich nur, dass er viel Musik sammelte. Also wuchs ich bereits damit auf, ihm zuzuhören, wie er Musik spielte, sang und kreierte. Er hörte African Jazz, High Life, ‚Oriental Brothers‘, ‚King Sunny Ade‘, ‚Marcia Griffiths‘, ‚Jimmy Cliff‘, ...
Meine Mutter hingegen spielte nigerianischen Gospel und meine älteren Schwestern genossen ‚Rare Groove‘, ‚Lovers Rock‘ und ‚Revival/Reggae‘. So erfuhr ich sehr früh eine große dynamische Vielfalt an verschiedenen Genres. Ich konzentrierte mich auf Menschen, die über ihre Erfahrungen schrieben, und diese in Worten und Liedern zum Ausdruck brachten.
Was waren deine größten Hürden in deiner musikalischen Laufbahn?
Das »Image«. Nicht in die stärkste musikalische Norm Londons, den »POP«, zu passen. Ich wollte mich nie anpassen und eine leicht zu verkaufende Musik produzieren. Das hätte mir das Publikum kosten können, dass mich von Anfang an begleitet hat. Die Musiker_innen änderten sich früher nicht so schnell wie sie es heute tun. Individuell und anders zu sein bekommt ein »Nein« in dieser Welt der »Ja-Sager_innen«.
Wie ist es als Frau im traditionell, männlich-dominantem Hip Hop Business?
Es ist offensichtlich. Allerdings komme ich von einem semi-professionellen Basketball Team und dort war ich bereits mit männlich dominantem Verhalten konfrontiert. Ich konzentrierte mich darauf, ich zu sein und das Beste zu geben. Ich spielte mit meinem Herzen, gab alles und genoss meine Reise. Und tatsächlich blieb ich bei dieser Methode. In allem was ich tue. Bis heute. Ich suche meine Kämpfe selbst aus. Der Begriff der »Tradition« bedeutet für mich etwas anderes. Aber ich verstehe, dass die konventionelle Methode des MC‘ing im Sinne von »Master of Ceremonies« ein maskuliner Ausdruck ist.
Du lebst in London und deine Familie stammt ursprünglich aus Nigeria. Bist du von deinem nigerianischem Background beeinflusst?
Immer. Es gibt die Zusammengehörigkeit durch das Singen. Auch wenn du keine Sänger_in warst, hast du mitgemacht <<dancing if not a dancer>>. Sich erfreuen an der Wärme der Musik. <<call-and-response>>
Ich tanzte in einer Gruppe junger Igbo-Mädchen und wir performten auf Familientreffen, Veranstaltungen und Feierlichkeiten in London. Dabei wurden alle Traditionen aufrecht erhalten.
Mein Vater unterstützte mich auf meiner musikalischen Reise. Wenn ich in anderen Ländern spielte, motivierte, animierte und inspirierte er mich immer dazu, dies zu tun.
Mit meiner Band machen wir »Musik-Touren« und »Workshops«. Wir arbeiten mit jungen Menschen, die in schwierigen Verhältnissen leben.
Auch bei uns in der Stadtwerkstatt hast du einen Workshop gegeben: »Creative Writing and Rap«. Wie wichtig ist dir die Zusammenarbeit mit jungen Menschen?
Ich freue mich, wenn ich einen Unterschied in das Leben von Menschen bringen kann, die alleine nicht die Möglichkeit haben, sich auszudrücken. Manche Menschen stecken in sehr extremen Situationen. Also ist es wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um vom Alltag weg zu kommen.
<<I believe>> Das ist wofür Musik, Spokenword, Poetry,... stehen. Es ist eine Sprache. Wir kommunizieren ständig. Sich die Zeit zu nehmen und zu schauen »WIE« dieser Prozess funktioniert bereitet Freude und Kreativität. <<love, happiness, understanding & peace>> Ich sag es nochmals: Das ist mein Zugang und ich lerne noch immer. <<Give thanks>>
Welche Botschaft schenkst du uns?
<<Living life - embracing the realness - sharing your truth - enjoying art/song/word and music - individuality - lyricism – light>>