zweitausendnein
Seit wann und warum gibt es zweitausendnein?
Vor zwei Jahren (als noch nullsex war) wurde zweitausendnein erfunden. Denn Kultur ist kein Preisfischen, wo nur das Gewicht und die Masse zählt. Es kommt auf die Köderführung, die Präsentation an. Es geht darum mit Stil etwas rauszuziehen und nicht Parasiten einzuschleppen.
Ich greife niemanden an, aber beim Fischen ist es halt so: Wenn Schweizerkäse zum Anfischen verwendet wird, fängt man nur Weissfisch (küchensprl. kleine, grätenreiche Fische, meist aus der Unterfamilie der »Leuciscinae«). Und überhaupt: der Hu.Go. ist ein imitierter Schiffshalter (gr.: »Echeneidae«, parasitärer Fisch der Ordnung »Barschartige« (»Perciformes«) der sich z.B. an Booten festsaugt, anm.). Mit so was geht in der Donau gar nix.
Wir brauchen kein Salz in der Donau um Meer draus zu machen, die Touristen kommen nicht wegen dieser Palmen, die unsere Straßen zieren. Wenn wir Kulturhauptstadt sind, geht es um die Kultur, die wir da haben. Wenn die für schlecht gehalten wird, müssen wir eben unsere schlechte Seite zeigen. Aber sonst werden genau die, die bisher schon keinen Zugang zu unserer spezifischen Kultur hatten, durch den Import der großen Einheitskultur wieder davon abgehalten.
Die Angst, dass althergebrachte Köder nichts fangen, ist völlig unbegründet. Im Gegenteil: die funktionieren auch im Ausland, da können sie jede/n Fischer/In fragen. Und in der gut besetzten Donau - mit einer Vielzahl von hübschen Fischen - brauchen wir keine Exotiker. Es reicht die Schonzeit zu beachten und dafür zu sorgen, dass nicht so viele Fische in die Turbinen gehen wie bei einem der sogenannten »Bio-Energie« Kraftwerke der OKA. Apropos OKA. Das O.K. ist mit einer Zierfischhandlung vergleichbar: Teuer, aber nicht sehr beeindruckend. Und Zierfische kann man nicht fangen, außer mit dem Netz. Mir kommt 09 vor wie fischen in der Aquariumhandlung.
Was sagst Du zu der Konkurrenz von linznullnein?
Wenn ich »linznullnein« decodiere bedeutet es, dass alle vorbehaltlos dafür sind und null dagegen. Und das ist das Programm. Also »linznullnein heisst dafür und steht bei dem Schweizer vor der Tür!«. Aber ich bezweife die Authentizität der ganzen Sache. Vielleicht hat es ja auch ein Schweizer dem anderen vor die Türe geschrieben. Eine reine Vorgabe für die Medien, um letzlich einen Anlass zu haben, was über 09 zu schreiben. Die »nullneiner« sind die allerersten die sich kaufen lassen.
zweitausendnein ist Dialekt, die Sprache, die aus unserer Kultur kommt, es heisst gar nichts anderes als dass wir das so aussprechen. Dass das zu Verwechslungen führt, ist eine andere Geschichte.
Darum sind wir alle zweitausendnein und niemand kann sich da ausnehmen. »linznullnein« hingegen ist schon wieder gegen etwas positoniert (obwohl in echt eigentlich für etwas). Die wollen bloß die dicke Kohle mit einer abgeschauten Idee. Denn das zeigt die Abänderung in »nullnein« ja, dass sie sich die Sache unter den Nagel reissen wollen, und sie nicht einfach gut finden und mitmachen. Mitmachen können alle, unter den Nagel reissen ist etwas anderes.
Was ist das Ziel von zweitausendnein?
zweitausendnein wird bereits 2009 zweitausendzehen fotografieren, die nicht nur von LinzerInnen stammen sondern aus aller Welt dahergelaufen kommen. Japanische und amerikanische und so...
Welche kulturellen Fagen bewegen dich zur Zeit?
Die Leute wissen sich ohne Computer nichts mehr anzufangen. Der Computer ist in unserem Gebrauch immer noch ein Werkzeug und nicht als Kultur anerkannt. Der Computer alleine reicht nicht. Anders die Linzertorte: sie ist bereits eine Kultur - also als solche anerkannt. Sie dient natürlich nach wie vor auch als Werkzeug: zur Bestechung beispielsweise. Als Handelsgut, Geschenk, usf. aber sie ist zugleich eben auch anerkannte Kultur. Die Torten werden über Touristen ins Ausland verkauft, die Linzer essen sowas eher nicht.
Ein Gruß an alle LeserInnnen: Ich wünsche euch ein aufregendes zweitausendgibacht und zweitausendnein.
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linznullnein
Seit wann und warum gibt es linznullnein?
Schon länger ist offensichtlich, dass es den Machern von 09 nicht um die lokalen, spezifischen Eigenschaften geht. Die dringen ein wie die Gourmets und wollen bloß Linzer Kost vernaschen aber beschäftigen sich nicht mit der Sache selbst, mit dem Selbstverständnis und der Geschichte. Sie lassen nur auftischen und gerieren sich dann als Geschmacksleiter. Alles wird ausschließlich über die Befindlichkeit des Gaumens beurteilt.
Die Szene muss sich gegen dieses Teile & Herrsche-Prinzip wappnen. Es muss sich ein Oppositionsbewusstsein bilden.
Und damit ist keineswegs Verweigerung gemeint - Verweigerung ist hierbei keine Opposition. Es geht darum wieder die Initiative zu ergreifen und nicht bloss zuzutragen und die Produktion in den Dienst, die Hoffnungen in ein solch neues Geschmacksgremium zu setzen. Das Kulturhauptstadt-Projekt ist eigentlich schädlich und eine kleine Katastrophe für die kulturelle Entwicklung.
Und die Konkurrenz von zweitausendnein?
Dass im Slang nein und neun kaum auseinanderzuhalten sind, dass passiert jedem/r. Das ist daher einfach der allgemeingültige, passende Slogan. Wenn in Savoien Autonomie gefordert wird, steht auch überall »Savoyen« an der Wand.
Dabei geht es nicht darum, wer war zuerst da und ideelle Hoheit. Wenn es um etwas geht, dann geht es um das große Problem der Sichtbarmachung. Die eigenen Anliegen zu vertreten. Es gibt kein Copy & Paste, es gibt einen Widerstand!
Es ist uns völlig egal, wann sich wer auf die Zehen getreten vorkommt. Bei linznullnein stecken konkrete Vorhaben dahinter und nicht nur Gasthauskraftmeierei. Die Leute sollten denen nicht wie Fliegen auf den Leim gehen. Es geht nicht um den Symbolismus an sich, sondern um Souveränität, Diskurs, Zukunft zu organisieren. Also nicht Jammern, sondern wieder Lust kriegen auf etwas.
Was ist das Ziel von linznullnein?
Wir haben hunderte Sachen in der Schublade. Aber keinen Stress, was kommt, kommt - was sein soll, soll sein.
Welche kulturellen Fagen bewegen dich zur Zeit?
Wo passiert das Rätselhafte?
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Im Schwitzkasten
Ein Kommentar von Daniel G. Arteaga
So hat es ja kommen müssen! Seit vor mittlerweile x Monaten klar geworden war, dass ausgerechnet Linz zur Europäischen Kulturhauptstatt 2009 werden soll, scheint alles immer schlimmer zu werden. Zuerst stellt sich heraus, dass die maßgeblichen Linzer Politiker und Finanziers unter Kultur hauptsächlich das schnelle Abreissen, Aufgraben, Umwidmen und Betonieren im Zusammenhang mit Immobilien verstehen, dabei auf partizipative Planungsmethoden pfeiffen und das Ganze mit einem vagen »für die Kulturhauptstadt« rechtfertigen. Und dann sehen sich auch die 09-MacherInnen eher ungern zuständig für die gelebte kulturelle Aktvität der Stadt und wollen lieber doch ein außergewöhnliches, herzeigbares Großevent veranstalten, anstatt sich mit diesem provinziellen Stahlproletenhaufen mit Produktpiratenbürgertum-Schlagobershäubchen womöglich zu blamieren. Das ist verständlich.
Sicher, einige hatten das wiedereinmal vorrausgesehen und bereits 2005 »schon die Schnauze voll« von 2009 (Versorgerin 66, Juni 2005). Aber jetzt das! Der Widerstand verlässt die Kabine und bezieht Stellung in den gegenüberliegenden Ecken (!) des gleichen Ringes (!), um - umgehend aufeinander los zu gehen. Mit ihrem erbitterten Identitätsdisput ziehen die rücksichtslosen Aktivisten alle Aufmerksamkeit auf sich selbst und drohen der Kulturhauptstadt2009 endgültig den Rang abzulaufen! Dabei machen sie weder Halt vor Ideendiebstahl noch vor Internet! Die Kultur-Kontrahenten schenken sich gegenseitig nichts. Was nicht verwundern muss, es handelt sich schließlich bei diesen wie sich nun herausstellt um niemand geringeren als: »die damaligen Pioniere«. (E. Gstöttner in den Oberösterreichische Nachrichten, 11.10. 2007). Und mit denen ist bekanntlich nicht gut Catchen.
In der Stadt verbreitet sich schon ein Klima der Verunsicherung bzgl. Kultur, Sinn des Daseins und ob jetzt die Semantik oder die Syntax das wichtigere ist!! Die Menschen vermeiden es mehr und mehr, eindeutige Positionen einzunehmen, wissen selber nicht einmal mehr, was opportun WÄRE. Wird die Stimmung kippen?
»Das lange Warten auf ein Programm für das Kulturhauptstadtjahr hat die freie Szene geärgert« (Der Standard, 22.10.2007). Das es so schlimm kommen würde, haben sicher nicht einmal die schlimmsten Aufwiegler gewollt. Doch zu spät, sie machen bereits weiter und haben durch das gegenseitige Antreiben bereits jedes Maß und Ziel verloren. Ihre »grimmigen« Wortkombinationen sind »Ausdruck von Wut eines Teiles der Linzer Kulturszene«. Das Blut ist also in Wallung und derartig im Schwitzkasten ist der Blickwinkel natürlich eingeschränkt. Und so ringen sie gegeneinander in einem gnadenlosen Schaukampf, der alle anderen (inklusive der Intendanz der Kulturhauptstadt) zu umstehenden »Anheitzern der Stimmung« (Oberösterreichische Nachrichten, 11.10. 2007) degradiert.