Es ist wieder soweit! Die Veranstaltung LiWoLi 2010 auf der Kunstuniversität ist auch heuer wieder ein Fixstern in Sachen Linux, freier und Open Source Software in Linz. Die Veranstaltung existiert bereits seit 2001 unter dem Dach der österreichischen Linuxwochen und wurde in den Anfangszeiten federführend von den lokalen »Linux User Group« (Lugl) und servus.at in Linz organisiert. LiWoLi darf somit zu den ersten wichtigen lokalen Knotenpunkten mit der Absicht freie Betriebssysteme unter Linux und Open Source Software zu verbreiten gezählt werden. 2008 hat die Stadt Linz erfreulicherweise das Thema für sich entdeckt und will sich in Zukunft zu einer Open Source Region entwickeln. Der Startpunkt dieses Vorhabens war die Durchführung einer Potenzanalyse zu diesem Thema, die nicht mit einem Beratungsunternehmen sondern in Kooperation mit WirtschaftsinformatikerInnen an der Johannes Kepler Universität durchgeführt wird. Konkret wurde oder wird das Thema im Rahmen eines Projektstudiums unter Leitung von Dr. Schiffer durchgeführt, den wir auch für LiWoLi 2010 gewinnen wollen.
Die Entwicklungen und Bemühungen der Stadt Linz in diese Richtung sind interessant. Wirtschaftliche Interessen und der Fakt, dass durch den Einsatz von Open Source enorme Einsparungen erzielt werden können, ist oft der treibende Motor hinter dem Zauberwort Open Source. Genau aus diesem Grund wollte Richard Stallman, der Begründer der Free Software Foundation (FSF) mit einer klaren Trennlinie zwischen den Begriffen Open Source und freie Software (auch FOSS oder FLOSS) die unterschiedlichen Motivationen hinter der Entwicklung klar machen, was zugegebenermaßen oft für Verwirrung sorgt.
Die Verwendung des Begriffes FLOSS stellt ganz klar die Freiheiten der NutzerInnen und gesellschaftlichen Aspekte in den Vordergrund. So steht hinter der Entwicklung von FLOSS eine Community, auf die man auch als NutzerInnen einen direkten Zugriff hat.
Die Free Software Foundation definiert Software als frei, wenn ihre Lizenz folgende Freiheiten einräumt:
• Freiheit 0: Das Programm zu jedem Zweck auszuführen.
• Freiheit 1: Das Programm zu studieren und zu verändern.
• Freiheit 2: Das Programm zu verbreiten.
• Freiheit 3: Das Programm zu verbessern und zu verbreiten, um damit einen Nutzen für die Gemeinschaft zu erzeugen.
Für die Freiheiten (1) und (3) ist der Zugang zum Quelltext Voraussetzung, sonst wird das Verändern eines Programms schwierig bis unmöglich. Sind eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird die Software als proprietär oder »unfrei« bezeichnet.
Die heurige Veranstaltung von servus.at in Kooperation mit der Kunstuniversität, die LiWoLi 2010 erfreulicherweise auch noch finanziell unterstützt, richtet wieder einen besonderen Blick auf die Entwicklung von »freien Werkzeugen« für die künstlerische und kulturelle Produktion.
Die politische und soziale Motivation von EntwicklerInnen, KünstlerInnen und Kulturschaffenden, unter beschriebenen Aspekten ihre Werkzeuge und Werke frei zur Verfügung zu stellen, bildet den Rahmen der Veranstaltung, wie auch die Verbreitung und unterschiedliche Beteiligungsmöglichkeiten an Projekten.
Mit Martin Kaltenbrunner kommt eine Person mit ins Boot des LiWoLi-Teams, die auf Grund des eigenen Projektes TUIO (http://www.tuio.org/) gleich die gesamte Bandbreite an Erfahrung mitbringt.
Gemeinsam mit Christoph Nebel (Timebased Media), Martin Kaltenbrunner (Interface Culture) und weiteren RepräsentantInnen der Kunstuniversität liegt es nahe, den Versuch einer Auseinandersetzung aufzunehmen, was Lernen und Lehre rund um freie und Open Source Software an der eigenen Universität betrifft.
Das größte Hindernis, Leute einen Zugang zu FLOSS und Open Hardware zu ermöglichen, ist der Fakt, dass StudentInnen seltenst Einführungen auf Universitäten oder Kunstschulen erhalten. Gerade dann, wenn Zeit wäre fürs Lernen. Beim Erlernen des Werkzeugs Pinsel ist ganz klar, dass der Weg zu einer akzeptablen Malerei dauert. Eine selbständige Entscheidung im Umgang mit digitalen Werkzeugen zu fördern, wird meistens einfach ausgeblendet und Adobe (ein Beispiel für kommerzielle und unfreie Software) gepredigt. Das Bedienen von Oberflächen wird gelehrt und stellt ein Problem dar.
Alleine die Tatsache, dass Software so eine große Rolle in der Produktion von digitaler Kunst und Kultur spielt, bedingt doch auch eine grundsätzliche Auseinandersetzung, was sich hinter Software als Werkzeug und digitale Daten überhaupt verbirgt. Die größte Herausforderung dabei scheint, vorhandenes Wissen darüber in der Lehre zu dekonstruieren mit dem Ziel eine schwarze Box wie den Computer und Software zu demystifizieren.
Mit der Entwicklung und Verwendung von freier und Open Source Software und Open Hardware taucht ganz unmittelbar DIY (Do it yourself) als kulturelle Praxis auf. DIY heißt für seine Anhänger oft, den Glauben an sich selbst und die eigene Kraft als Triebfeder für Veränderungen zu sehen. Die Do-it-yourself-Bewegung der 1960er und 1970er ist geprägt von einem Glauben an Selbstermächtigung, Selbstorganisation, Improvisation, Eigeninitiative und oft einem Misstrauen gegenüber etablierter Autorität, gegenüber passivem Konsum.
LiWoLi 2010 stellt die Frage, ob eine Praxis des »doing it togehter« (DIT) nicht das bessere Erfolgsrezept für die Entwicklung von freien Werkzeugen (FLOSS-Tools) für Kunst & Kultur, Lernen und Lehren ist und hält schwerpunktmäßig Ausschau nach Gruppen die »erfolgreich« oder auch »weniger erfolgreich« unter dem Aspekt des DIT ihre Projekte im Bereich freie und Open Source Software (FLOSS), Open Hardware für Kunst & Kultur, Lernen & Lehren realisieren und ihre »Werkzeuge und Werke« frei zur Verfügung stellen. Gleichzeitig soll dem Aspekt der Produktionsbedinungen Raum gegeben werden.
Während einige Universitäten und private Forschungs- und Entwicklungslabors von Firmen freie und Open Source Software (FLOSS) unterstützen, wird in einem offenen sozialen Kontext ohne Regeln und Institutionen eine Menge an Software Code von Individuen oder freien Entwicklergruppen unentgeltlich beigesteuert. FLOSS-Coder erfahren die »housewifisation of labour«. Dieser Begriff wurde von FeministInnen in den 70iger und 80iger Jahren entwickelt und meinte jene Arbeit, die als selbstverständlich und nicht produktiv geltend unbezahlt blieb. Diese These wird Armin Medosch, Medienkünstler und freier Journalist, in einem Panel Freie Software und Open Source aus dem Blickwinkel der Arbeit thematisieren.
Mit den gewohnten Formaten Workshops, Präsentationen, Vorträge, Performances und einem lokalen und internationalen Aufruf zur Beteiligung (http://linz.linuxwochen.at) an potentielle ProduzentInnen in diesem Feld ist die Veranstaltung mit Laborcharakter wie gewohnt drei Tage offen für Interessierte.
Open Call unter http://linz.linuxwochen.at