Bis zum Start der Biennale 2024 in Venedig hatten über 24.000 Artists einen offenen Brief unterschrieben. Kritisierte er die Teilnahme Ugandas und forderte Solidarität mit den Menschen ein, die dort wegen ihrer Homosexualität unter Androhung der Todesstrafe verfolgt werden? Oder ging es darum, dass ausgerechnet Saudi-Arabien der UN-Kommission zur Förderung von Frauen vorsitzt? Der Brief wurde verfasst unter dem Akronym ANGA, was für »Art not Genozide Alliance« steht: Zielte die Aktion also auf den Pavillon der Türkei ab, die immer wieder tödliche Angriffe auf die kurdische Bevölkerung in Syrien und dem Irak durchführt? Auflösung: Es war (wie meist) Israel, wogegen das Kunstblut in Wallung geriet.

Gut, schauen wir doch rüber in die philosophische Zunft, welche Problemstellungen da auf der Agenda stehen: zuletzt ein Manifest gegen einen »ethno-suprematistischen Staat«. Eine Analyse, wie Indien mit Muslimen umgeht, oder China mit den Uiguren? Weit gefehlt, das Schriftstück trägt den Titel »Philosophy for Palestine«, tatsächlich – und das ist der Punkt– geht es aber bei all der »propalästinensischen« Rhetorik primär gegen Israel. In den Geistes- und Sozialwissenschaften hat diesbezüglich Edward Saids »The Question of Palestine« Spuren hinterlassen – detaillierter widmet sich Marcel Matthies dessen akademisch verbrämtem Hass auf Israel, und Stephan Grigat analysiert, wie der Westen das Regime in Teheran unterstützt.

In dem Beitrag findet sich auch ein Hinweis auf Max Horkheimers Einschätzung der Situation Israels im Sinai-Krieg – Horkheimers Name wiederum ist untrennbar mit dem vor 100 Jahren gegründeten Frankfurter Institut für Sozialforschung verbunden, dessen Geschichte Philipp Lenhard in seinem umfangreichen Buch »Café Marx« darstellt, welches Robert Zwarg für uns rezensiert.

Stichwort Jahrestage: Heuer jährt sich der Todestag des Holocaustforschers Joseph Wulf zum 50. Mal, was Sebastian Franke zum Anlass nimmt, mit dem Leipziger Historiker Dr. Nicolas Berg über Wulfs Leben und Forschung zu sprechen. 

Ebenfalls 50 Jahre ist es her, dass der Komponist François Bayle das Acousmonium entwickelte, was Luis Kürsten für einen kleinen Abriss zur Entwicklung der Musique concrète nutzt. 

Paul Schuberth gibt einen Überblick zur Krise des Gesundheitswesens und Magnus Klaue erläutert den Zusammenhang von politischer Unkorrektheit und »Sensitivity Reading« anhand der Debatte um Akif Pirinçci.

Kommen wir zur Stadtwerkstatt, die in dieser Versorgerin mit ihrem Haus covert. Im Frühjahr wurde unter anderem die Fassade neu gestaltet, Razzle Dazzle und Schiffscamouflage lassen grüßen. Die Stadtwerkstatt veröffentlicht in dieser Ausgabe außerdem ihren Claim zur diesjährigen Showcase-Extravaganza STWST48, die im September stattfinden wird – wie jedes Jahr wird in der STWST parallel und in Koop mit der Ars Electronica Kunst, Technologiekritik und kritische Produktion gezeigt. Die Ars Electronica titelt heuer übrigens mit HOPE, in der Stadtwerkstatt wird einfach mal NOPE gesagt. In dieser Versorgerin dazu Kurztext, Call und Save the Date. 

Weitere STWST-Aktivitäten: Impressionen von der Abbruch-Residency auf dem Messschiff Eleonore, die im Mai rund um Eva Grün stattfand. Und ja – dass das STWST-Residency-Schiff nach so vielen Jahren tatsächlich verschrottet werden muss (Ja, MUSS), löst bei vielen unmittelbar Schock und Trauer aus. Damit zu einem anderen Punkt: Ab 15. Juni gilt die 13. Edition der STWST-Community-Währung Gibling – diesmal gestaltet von Art Discount 24. Mit ihnen haben wir ein kleines Interview geführt. 

Im zweiten Buch findet sich außerdem ein Schwerpunkt zu diversen technologischen Entwicklungen: Franziska Thurner verweist auf sexistische KI-Bildgeneratoren. I prefer not to kommt eine:m:r auch in den Sinn, wenn man sich den Zustand des Internet by and large vor Augen führt – einige Notizen dazu von Patrick Derieg aus einem Workshop im Rahmen des im Mai gelaufenen AMRO-Festivals der Netzkulturinitiative servus.at. Dem Festival haben wir auch den Beitrag von Diane Pricop über das Projekt »Under the Calculative Gaze« von Sanela Jahić zu verdanken.

Communities mit Haltung als Thema zum Schluss: Anlässlich ihres Ausscheidens aus den Institutionen Schl8hof oder der Kapu haben wir Wolfgang Wasserbauer und Günther Ziehlinger einige Fragen gestellt. Und Rubia Salgado schreibt für die Migrant*innenorganisation das kollektiv unter dem Titel »Gegen rechts: Poesie!«. Yes, indeed: um dem Leben Atem zu geben. 

And finally on the same note: Der Übergangssenat Nachlassende Dynamik formuliert zu den Nachtpicknicks diesen Sommer.
Den Korb packt schonmal

die Redaktion.