Das Infolab

Es ist an der Zeit, sich mit Information und nicht immer mit ihrer Technologie zu beschäftigen, meint Franz Xaver.

Mit der rasanten technischen Entwicklung der Informationstechnologie taucht immer wieder die Frage auf, worum geht es eigentlich? Schnell stößt man auf die Informationstheorie. Diese Theorie ist aber eine Nachrichtenübertragungstechnologie. Die Bedeutung oder das Wesen der Information ist unklar. Klar ist: Information hat mit Entscheidung zu tun, wir brauchen Information, um Entscheidungen zu treffen. Dabei hilft auch ein Österreicher: Heinz von Förster, der den Begriff »Kybernetik 2. Ordnung« prägte. Es geht um das Zusammenspiel von Realität und Information, um die Beobachtung der Beobachtung. (Zitate: »Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners«, »Welche Realität?« oder »Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden«). Weiters bedarf es einer Abstraktionsmöglichkeit, die wir über die Kunst (das Künstliche) erhalten. Hier treffen wir das erste Mal auf die Notwendigkeit der Kunst. Gerade in Zeiten einer Informationsgesellschaft sollten wir uns näher mit den Begriffen Entscheidung und Erkenntnis beschäftigen. Kunst und Informatio-nen gehören zusammen. Es scheint, als ob Information unsere Realität beherrscht und sich über unsere unreflektierte Technologie zu einem zentralen Baustein der Welt entwickelt. Aus der Information hat sich aus logischen Folgerungen eine Welt der Naturwissenschaften entwickelt. Sinnfreie Information ohne schlüssige Argumente wird zur Zeit immer mehr ausgrenzt. Wir brauchen aber die Kunst als Spiegel, um überhaupt die Frage nach dem »Wesen der Information« stellen zu können.

Wir sollten ein paar Steps zurück machen. Spuren von Information zeigen sich meist über Symmetrien. Das Erkennen des Spiegelbildes ist ein wichtiger Schritt in unserer Evolution. Aber auch in der anorganischen Chemie findet man diese Symmetrien. Dort heißen sie Chiralität. Mit den Höhlen-zeichnungen, die Nahrung und Gefahr abbilden, tauchen auch die ersten Kunstwerke auf. Sie förderten die Vorstellungskraft und das Wieder-Erken-nen. Die Position des Betrachters wird dadurch klarer und intellektuelle Erkenntnis gestärkt. Kunst hat also den Ursprung im Spiegeln des »Wahren«. Um Information zu analysieren, sollten wir beginnen zu separieren, um dann die Einzelteile zu analysieren.
Es gibt scheinbar eine Welt der Realität, sie ist verortet in der Logik der Natur- und Geisteswissenschaften. Damit wir diese Realität verifizieren können, haben wir uns ein Referenzsystem über die Welt der Träume geschaffen. In dieser künstlichen Referenzwelt wird mit Information jedoch anders umgegangen. In der Traumwelt gibt es keine Differenzierung oder Abstrahierung der Situationen, keine Symmetrien, keine Spiegelungen und keinen Kunstkontext, kein gemeinsam oder einsam. Es ist eine Welt ohne Kompromisse und Übereinkünfte; mit ihrer Hilfe haben wir uns dann unsere »Realwelt« über die Naturwissenschaften zurechtgezimmert.

Fakt ist nun mal auch, dass wir für unsere Realität beide Welten brauchen. Deswegen sollten wir mit unserer Technologie vorsichtig sein, da sie sich nur in eine logisch »richtige« Richtung entwickelt.
 
Die Rolle des Zufalls ist eine Form der Nichtinformation: In der Informa-tionstechnologie und auch in den Wissenschaften spielt der Zufall bereits eine große Rolle. Meist wird er benötigt, um Nachrichten zu verschlüsseln, um sie dadurch einzigartig zu machen. In den Geisteswissenschaften wird auch immer wieder auf die Notwendigkeit des Zufalls hingewiesen - zum Beispiel bei der Frage nach dem freien Willen.
 
Die Stadtwerkstatt sieht in einem Informationslabor eine Herausforderung der Gegenwart. Die Stadtwerkstatt zeigte immer eine Referenz zu etablierten Systemen. Daraus entwickelte sich bereits servus.at. Ein Verein im Haus der Stadtwerkstatt, der sich immer um freie Betriebssysteme und freie Technologien und Informationsquellen bemühte. Servus.at steht in einem internationalen Kontext zu einer freien Medien- und Netzkulturszene, zu HackerInnen und IndividualistInnen, die eine Auseinandersetzung mit der Informationstechnologie pflegen. Im Infolab der Stadtwerkstatt soll es aber nicht primär um die Informationstechnologie gehen. Eine kritische Position, wie sie von servus.at vermittelt wird, ist aber Voraussetzung, um die Frage nach dem Wesen der Information stellen zu können.

Drei Projekte, die das Tätigkeitsfeld eines zukünftigen Infolabs vermitteln sollen:

Das Aalhotel (2014)
Ein Projekt von Donautik
 
In allen Flüssen zum schwarzen Meer gibt es keine natürlich vorkommenden Aale. Aale treffen sich in der Sargassosee (vor Bermuda), um sich dort fortzupflanzen. Die jungen Aale schwimmen dann wieder zurück in die Flüsse. Dies ist umgekehrt zu den Lachsen. In der Donau wurden Aale ausgesetzt, sie finden aber nicht den Weg in die Sargassosee.
An unserer Forschungsboje ist an einer Kette ein Wohnraum für Aale in der Donau versenkt (acht Drainagerohre sind ineinander verflochten und einbetoniert). Die Wissenschaft sucht Erklärungen in den physikalischen Bedingungen des Wassers. Wenn man sich aber ein wenig mit der Informationsentwicklung in der Natur auseinandersetzt, tauchen plötzlich andere Lösungsmöglichkeiten auf. Die Lösung liegt vielleicht in einer nicht vorhandenen Information, die in der Natur über die »DNA« den Generationen weitergegeben wird. Die DNA ist ein natürlicher Wissensspeicher, der Lebewesen hilft, Entscheidungen zu treffen. Das schwarze Meer hat erst vor ca. 7000 Jahren den Anschluss an die Weltmeere durch den Bosporus gefunden. Diese Tatsache könnte erklären, warum den Aalen diese Information über die Existenz der Donau noch fehlt.

Pilzsporen als Informationsträger (2015)
Ein Projekt von Taro

Pilzsporen sind Informationsträger. Sie sind fast unverwüstlich, halten Strahlung und fast den absoluten Nullpunkt aus. Sie sind geeignet, um Information intergalaktisch zu transportieren. Es ist auch relativ leicht, Sporen auf so eine Reise zu schicken. Zum Beispiel können sie in einen Wetterballon gefüllt werden, der dann in einer Höhe von 40000 m platzt. Sonnenwinde und das geringe Gewicht sorgen für die orbitale Fluchtgeschwindigkeit.

Ghostradio (2011 - 2014)
Ein Projekt von Markus Decker, Pamela Neuwirth und Franz Xaver

Das Projekt befasst sich mit dem Thema des Zufalls. Zufall kann in den Grenzbereichen unseres deterministischen, logischen Systems erzeugt werden. In der Welt des atomaren Zerfalls, der Welt der Quanten oder über das Hintergrundrauschen des Weltalls. Ghostradio beschäftigt sich mit Parallelwelten, die es in der Stringtheorie gibt. Über kreuzende Felder und zeitkritische Spiegelungen von Situationen versuchen wir in der fraktalen Welt der Mathematik den Zufall zu finden. Es ist aber nicht nur der physikalisch logische Aufbau der Installation. Sondern dieser Aufbau soll auch zeigen, dass wir die Welt der Kunst brauchen, um unsere Informationstechnologie in die richtige Richtung weiter zu entwickeln.

Hier ensteht ein Aalhotel

Aalhotel