»Anstiftung zur Initiative«, das ist ein altes Traditionswort der Stadtwerkstatt seit 1979. Dementsprechend wird zurzeit von einer Gruppe experimenteller Kunststudent_innen die »Reuse« betrieben. Die Reuse ist Zelt und Vorhaben in einem. Ungewöhnlich, für manche sogar suspekt - das Zelt wurde im Vorfeld einige Male von der »Stadtwache« belauert und fotografiert - liegt es beinahe unter der Nibelungenbrücke, nahe an den Betonpfeilern des angrenzenden Zukunftsmuseums, an einem Ort zwischen Beton, Verkehr und Donau, an einem schmalen Streifen Natur, den man im zeitgemäßen Slang gerne eine Brache nennt. Die Donaulände in diesem Brückenbereich ist ein an sich ungenutzter Ort, den sich die Stadtwerkstatt über die letzten Jahre erobert hat und den sie seit relativ kurzer Zeit mit Projekten bespielt, die unter anderem das ungeklärte Verhältnis von Natur, Information und Kunst thematisieren. Das neue Reusen-Projekt, von dem hier die Rede ist, ist nun als Teil der »Lände« ein Vorhaben von Stadtwerksatt-assoziierten experimentellen Student_innen, ein Ort am Wasser, der sich gleichsam selbst betrachtet: Durch ein ungewöhnliches Setting, das aus Schiffs- und schiffsbauchkonnotierten Reststücken einen Zeltraum aufbaut, der heimelig und warm ist, und der nur einigermaßen düster beleuchtet der Nacht und dem Winter entgegentreibt. Eine Besonderheit im Donaukontext, so eine der Betreiber_innen, Nani Cooper, denn besonders im Winter gebe es kaum Kontakt zum Wasser, wie sie bemerkt: »Ganz Linz ist im Winter fast nicht an der Donau, gerade deshalb ist es besonders spannend, hier zu sein«. Auch sie selbst hat als Teil von Leo Schatzls »Floating Village« zuerst im Sommer an der Traun ihre Erfahrungen mit dem Wasser- und Kunstkontext gemacht, mit einer »Weite am Wasser«, die anscheinend beindruckt hat und nun zu mehr werden soll. Das Projekt ist also von mehreren Seiten gut unterfüttert und bietet trotzdem offenen Experimentierraum. Es hat sich auf Initiative von Franz Xaver diese Gruppe formiert, die aus Stefa Farkashazy, Christoph Karl Ebner, Matthias Lindner, Jakob Breitwieser, Sarah Tischler und eben Nani Cooper besteht, und die an diesem Ort des informellen Agierens weiterdenken will, in Richtung Arbeiten am Fluss, in Richtung »Labore für Wasser, Wissenschaft und Kunst«. Einstweilen ist die Reuse aber noch ein Zelt. Das Zelt ist irgendwie ein Schiff. Der Schiffsbauch ist Welt und andere Welt. Und eben auch ein Treffpunkt des informellen Austauschs über Kunst und Donau. Für manche der Besucherinnen und Besucher ein plötzlich und erfreulicherweise vorhandener »urbaner Raum wie in Berlin«, für viele ein Raum, der von innen »ungewöhnliche Sichtachsen auf die Donau« aufbaut, denn ein schöner Fenstererker lässt die in einem Boot niedergelassenen Gäste Richtung Osten nach draußen blicken. Und natürlich, denn es werden auch Getränke ausgeschenkt, eine willkommene Abwechslung einer anderen Bar, »in die man schon immer gehen wollte, schaut aus wie in einem Traum, exotisch und intim«. Wer neugierig geworden ist und die Reuse noch nicht kennt: Man muss sich nur trauen, das von außen unscheinbare Zelt zu betreten. Und das geht täglich von 16 – 22 Uhr. Dass die Reuse aber eben keine gewöhnliche Bar ist, sondern allenfalls, neben ihren angesprochenen Donauraum-Vorhaben einen Getränkeausschank betreibt, wird auch an einer weiteren Bespielung der Donaulände deutlich: Denn am 30. November wird dort Wolfgang Fadi Dorninger gemeinsam mit der Stadtwerk-statt seine Soundinstallation eröffnen, und auch da werden wahrscheinlich die Gäste im Reden über Sound und Donauraum in der Reuse einen willkommen informellen Ort vorfinden. Denn wie wir wissen: Nur aus dem nicht ewig gleich Vorgedachten, dem nicht bis zum bitteren Ende Ausgeplanten, und konkret vielleicht aus einer neblig-nassforschen Novemberinitiative, kann Neues entstehen.