Journalistischer Katechismus

Der Journalistische Katechismus ist eine Handreiche für all jene, die dauernd irgendwas mit Medien machen und darum keine Zeit haben, Machiavellis Il Principe zu lesen. Deshalb erscheint er auch häppchenweise in Serie.

Das Erste Hauptstück im Band I, Teil III handelt von den Hindernissen der Medienförderung und den Mitteln, sie zu erlangen. 

Wie viele Haupthinderniße der Medienförderung gibt es? 

Es gibt derer viele: Manche sind offizieller Kodex, andere informelles Tun. Wir wollen einige hier der Reihe nach aufzählen, und dabei die Hilfsmittel dagegen angeben. 

Das erste Hinderniß ist die ungeordnete Liebe der Pressorgane gegen die mannigfaltigen Erscheinungen der Welt, während sie wirklicher Rangordnungen nicht gewahr sind. Das Chaos ihrer Wahrnehmung hindert das Medienfußvolk, sich wahrlich berichtenswerter Dinge anzunehmen und nur das journalistische Juste Milieu dringt in seinen Darlegungen durch den Schleider der Ignoranz hin zum Kern. 

Hier zwei Beispiele aus der Schatzkiste der Erleuchteten: »Zerrissene Jeans, Netflix: So lebt Kurz nach Polit-Aus« (Oe24), sowie (in performativer Negation der Negation): »10 Dinge, die wir über Herbert Kickl nie wissen wollten« (Kurier). Mit der Zeit führt das unzureichende Antichambrieren der ignoranten Mehrheit nicht nur zu tausend Irrthümern, sondern auch zu schweren Sünden gegen die Funktion der Presse als ideellem Gesamt-Voyeur. Um dieses Hindernis zu besiegen, müssen alle Sinne geschärft, alle Handlungen und Worte im Vorhof der Macht auf dessen Zentrum gerichtet werden, damit der Inseratenstrom weiter fließt und auch kein Gesetz’chen auf den Weg gebracht wird, ihn zu regulieren oder gar zu drosseln.

Das zweite Hinderniß der Gnade ist die vorherrschende Neigung zu publizistischer Zurückhaltung. Denn es ist zwar richtig, dass unser kleiner Bruder, der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK), die ausschweifende Wollust als Todsünde Luxuria geißelt – allerdings ist dabei nicht zu übersehen, dass Avaritia (Geiz) Ersterer noch vorgereihet ist. Dieser Gewichtung trägt das Presseförderungsgesetz (PressFG 2004) in Österreich Rechnung: Bereits Absatz 1 statuiert, dass allein Tages- und Wochenzeitungen förderberechtigt sind und dementsprechend in den Genuss von Vertriebsförderung (§§ 1 – 4) sowie Qualitätsförderung und Zukunftssicherung (§§ 9 – 12a) kommen können und für Tageszeitungen darüber hinaus die Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt (§ 8) beanspruchbar ist. 

Nota benissimo: Dabei ist der Fleiß auf das Erscheinungsintervall zu beschränken und nicht im Sinne pekuniärer Freigebigkeit zu übertreiben, da unentgeltlich vertriebene Zeitungen von der Förderung ebenfalls ausgeschlossen sind. Dieses Fördersystem ist nicht in Stein gemeißelt, aber keine Angst: Es werden keine Qualitätskriterien erstellt werden, bei denen die Auflage nur eine untergeordnete Rolle spielt und die fortan auf Monatszeitungen ausgedehnt werden, die diesen entsprechen. Eher wird das Ausschlusskriterium für Gratiszeitungen fallen, sodass das Geld bei jenen landet, für die eine Titulierungen als hofberichterstattende Einheitszeitung keine Injurie, sondern Daseinszweck darstellt. Im Zuge dieser Novellierung könnte auch die Presseförderungskommission abgeschafft und durch einen Volkszensor (VoZe) ersetzt werden. 

Das dritte Hinderniß ist die einseitige Liebe zu ausgewählten Geschöpfen; denn diese verwickelt das Herz. Es kann nicht sein, dass nur bestimmte pet media outlets am Busen öffentlicher Zuwendungen genähret werden, die sich zudem als undankbar und schwer lenkbar erweisen. Anstelle eines brennenden Dornbusches muss deshalb die Politik ihrer Bestimmung als Stimme Gottes nachkommen und die Namen derer verkünden, die künftig für ihre Verdienste belohnet werden sollten, aber auch jene, die der Förderungen nicht würdig sind. Hören wir einige Vorschläge von hervorragenden Führungskadern mit tadellosem Leumund: Christian Hafenecker (FPÖ-Generalsekretär, Juli 2024 wegen Datenfälschung zu einer Geldstrafe verurteilt) moniert zurecht, dass die Förderungen zu sehr »auf linke Postillen« zugeschnitten seien. Bei einer gerechten Vergabegestaltung stünden an den ersten drei Stellen dann nicht die kommunistischen Kampfblätter Kronenzeitung, Oe24 und heute, sondern Print-Publikationen, die der gesunde Volksgeist gebar (wie Info-Direkt, Der Eckart und Zur Zeit), aber auch Noie Medien wie Der Heimatkurier oder Report24.

Schließlich stehe die FPÖ laut Hafenecker für Medienpluralität – andere fügen hinzu: so wie eine Kloake für Fäkalpluralität steht. Jedenfalls kann es nicht angehen, dass staatliche Medien weiterhin »linke Propaganda« betreiben, wie es Peter Westenthaler (FPÖ-Stiftungsrat im ORF, Jänner 2017 wegen schweren Betrugs zu zweieinhalb Jahren teilbedingter Haft verurteilt) formuliert. Wo euer Schatz ist, dort wird auch euer Herz seyn, weshalb hoffentlich bald alle Freunde ehrlicher und anständiger Volksaufklärung jubilieren können:

Für unsre Propagandasender wird der Staat zum größten Spender. 

Während aus anderen Herzen als Responsorium W.A. Mozart erschallt: 
Leck mich im Arsch g’schwindi, g’schwindi, g’schwindi! (KV 382c).


Bonus-Sentenzen

Das Emblem des zeitgenössischen Journalismus ist der Leitz-Ordner: Alles wird »eingeordnet«. 

Die erste Konfusion bei der Befassung mit »Cybercrime« besteht im zeitgenössischen Journalismus Österreichs bereits in der sprachlichen Unterscheidung von Daten und Taten.

Das beliebteste Adjektiv im zeitgenössischen Journalismus ist »umstritten« – es stellt sowohl explosiven content in Aussicht, als es zugleich professionelle Distanz markiert – und wird auf fast alles angewendet, allerdings nicht auf das Westjordanland: Dieses gilt immer als »besetzt«.